Der Streit zwischen Herodes Agrippa II. mit den vornehmen Juden in Jerusalem über die freie Sicht auf den Tempel

Der Jude Flavius Josephus berichtet in seinen Jüdischen Altertümern (Flavius Josephus, Jüdische Altertümer 20, 8, 11.), dass Agrippa II. im Jahr 62 in Jerusalem ein hohes Gebäude errichtet hatte, von dem aus man den Tempel beobachten konnte. Die „Vornehmen“ der Stadt erbauten nun eine Mauer, die den Einblick verhinderte, allerdings auch den Römern die Kontrolle versperrte. Als der Statthalter Festus die Mauer niederreißen lassen wollte, erwirkten die vornehmen Bürger die Erlaubnis, eine Abordnung nach Rom zu schicken, um die Angelegenheit Nero vorzutragen. Ergebnis der erteilten Audienz war das Zugeständnis, das Bauwerk erhalten zu dürfen, was Nero der Poppaea, seiner zweiten Frau zuliebe gestattete habe, denn sie war laut Josephus „eine gottesfürchtige Frau“, die sich deshalb für die Juden einsetzte.

Von Isidoro Santos Lozano Sirgo – [2], Gemeinfrei, Nero und Poppaea, gemalt durch San Paplo

Allerdings behielt Poppaea die Hohepriester Ismael und den Tempelschatzmeister Helkias aus der Delegation als Geiseln zurück.

In seiner wenig später entstandenen Selbstbiographie (Vita) berichtet Josephus von einem persönlichen Treffen mit Poppaea, bei der er die Freilassung einiger inhaftierter Priester erwirkte und von ihr noch reichlich beschenkt wurde.

Nur drei Kapitel nach dem Bericht vom Mauerstreit wechselt Josephus sein positives Urteil von der gottesfürchtigen Poppaea ins genaue Gegenteil und nennt sie eine gottlose Frau.