Markus Spieker schreibt in seinem Buch „Jesus eine Weltgeschichte auf Seite 173 folgendes:
Besonders interessieren Philo die biblischen Geschichten, die in der Zeit spielten, als es noch kein israelitisches Volk gab, allen voran die Schöpfungsgeschichte. Philo geht davon aus, dass der biblische Schöpfungsbericht nicht wörtlich, sondern bildlich interpretiert werden muss. «Es wäre sehr einfältig zu glauben, dass die Erde in sechs Tagen oder überhaupt in der Zeit geschaffen wurde», behauptete Philo, «wenn von sechs Tagen die Rede ist, dann ist damit nicht eine Anzahl von Tagen gemeint, sondern sechs als Zahl der Perfektion.»
Philo stellt eine kühne These auf: Der «Logos», den die griechischen Philosophen beschreiben, ist seiner Meinung nach identisch mit JHWH. Der unbekannte Gott, dem Platon und andere Philosophen nachgespürt haben, ist derselbe Gott, der sich den Juden längst offenbart hat. In der Schöpfung sieht Philo Gottes kreativen Geist am Werk, das, was im biblischen «Buch der Sprichwörter» die Weisheit ist und bei den Griechen der «Logos». Vernunft und Tugendhaftigkeit sind deshalb für Philo die wichtigsten Voraussetzungen, um sich Gott zu nähern.
Genau wie Platon hält Philo die Materie und alles Körperliche für einen schwachen Widerschein der höchsten geistigen Wirklichkeit. Hier entfernt sich Philo vom jüdischen Mainstream, für den gerade seine Körperlichkeit den Menschen ausmacht und auszeichnet.
Dass der Logos sich in Materie verwandeln und auf die Erde herabsteigen könnte, dass Gott sich als Mensch offenbart – aus Philos Sicht wären solche Gedanken abstrus gewesen.
Johannes schreibt ihn seinem Prolog seiner Jesus-Erinnerungen ähnliches: «Am Anfang war der Logos, und der Logos war bei Gott, und Gott war der Logos.» Das klingt ein wenig ähnlich wie bei Philo. Über das, was dann folgt, hätte Philo allerdings den Kopf geschüttelt: «Und das Wort wurde Fleisch und wohnte unter uns.»