David Wilkersen, der in den 50-60 Jahren des letzten Jahrhunderts eine christliche Arbeit in den Ghettos von New York aufbaute, berichtet, wie Gott die Voraussetzungen dafür schuf.
Wie man wichtiger Daten im Leben gedenkt, so erinnere ich mich haargenau an den Abend, an dem ich es erkannt hatte. Es war der 9. Februar 1958. An jenem Abend beschloss ich, mein Fernsehgerät zu verkaufen. Es war spät, Gwen und die Kinder schliefen schon. Ich saß vor dem Gerät und schaute die Spätvorstellung an. Irgendwie gehörte zu der Geschichte die übliche Tanzerei mit einer Menge Ballettgirls, die in gerade noch sichtbaren Kostümen umhermarschierten. Ich erinnere mich, dass mir plötzlich der Gedanke kam, wie geistlos das alles ist. „Du wirst alt, David“, sagte ich mir zur Warnung. Doch so sehr ich mich auch bemühte, ich konnte meine Gedanken nicht mehr zurückbringen auf die abgedroschene Geschichte und das Mädchen – welches war es doch wieder?, dessen Bühnenschicksal Anspruch erhob, jedem Zuschauer Spannung bis zum Herzklopfen abzugewinnen. Ich stand auf, drehte den Knopf und sah die jungen Mädchen in der Mitte des Bildschirms in einem kleinen Fleck verschwinden. Dann ging ich vom Wohnzimmer in mein Arbeitszimmer hinüber und setzte mich auf den braunledernen Drehstuhl. „Wie viel Zeit verbringe ich eigentlich jeden Abend vor dem Bildschirm?“, fragte ich mich. „Wenigstens zwei Stunden. Was würde geschehen, Herr, wenn ich das Fernsehgerät verkaufte und diese Zeit – im Gebet zubrächte?“ Ich war ohnehin der einzige in der Familie, der fernsah. Was würde geschehen, wenn ich Abend für Abend zwei Stunden im Gebet zubrächte? Der Gedanke war erheiternd: Ersetze Fernsehen durch Gebet und sieh zu, was geschieht! Sofort kamen mir Gedanken, die sich dieser Idee widersetzten. Ich war abends müde. Ich brauchte die Entspannung und den Wechsel im Tempo. Fernsehen gehörte zu unserer Kultur; es war für einen Geistlichen nicht gut, wenn er nicht wusste, was die Leute sahen und worüber sie sprachen. Ich stand vom Stuhl auf, drehte das Licht aus und stellte mich ans Fenster, um über die mondhellen Berge zu schauen. Dann legte ich dem Herrn wieder ein Vlies vor, eines, das bestimmt war, mein Leben zu verändern. Ich machte es Gott ziemlich schwer, wie es mir schien, denn ich wollte das Fernsehen gar nicht wirklich aufgeben. „Jesus“, sagte ich, „ich brauche Hilfe, um diese Sache zu entscheiden, darum bitte ich dich um dies: Ich werde wegen des Geräts eine Anzeige in die Zeitung setzen. Wenn du hinter dieser Idee steckst, dann lass sofort einen Käufer erscheinen. Lass ihn innerhalb einer Stunde kommen – nein, innerhalb einer halben Stunde –, nachdem die Zeitung auf der Straße erscheint.“ Als ich Gwen am anderen Morgen von meinem Beschluss erzählte, war sie gar nicht beeindruckt. „Eine halbe Stunde!“, sagte sie. „Das klingt mir, Dave Wilkerson, als ob du gar keine Lust hast, so viel zu beten!“ Gwen hatte den Kern der Sache getroffen, aber ich setzte die Anzeige trotzdem in die Zeitung. Es gab, nachdem die Zeitung erschienen war, in unserem Wohnzimmer eine komische Szene. Ich saß auf dem Sofa. Von der einen Seite sah mich das Fernsehgerät an, von der anderen Seite sahen mich Gwen und die Kinder an, und meine Augen starrten auf einen großen Wecker neben dem Telefon. Neunundzwanzig Minuten liefen auf der Uhr ab. „Nun, Gwen“, sagte ich, „es sieht so aus, als ob du recht hättest. Ich denke, ich brauche nicht …“ Das Telefon klingelte. Ich nahm langsam den Hörer ab und sah dabei Gwen an. „Sie haben ein Fernsehgerät zu verkaufen?“, fragte eine Männerstimme. „Ja. Ein ,RCA‘ in gutem Zustand. Neunzehn-Zoll-Bildschirm, zwei Jahre alt.“ „Wie viel wollen Sie dafür haben?“ „Einhundert Dollar“, sagte ich schnell. Ich hatte bis zu dem Augenblick noch nicht darüber nachgedacht, was ich fordern wollte. „Ich nehme es“, antwortete der Mann ohne Weiteres. „Wollen Sie es nicht erst ansehen?“ „Nein. Halten Sie es in fünfzehn Minuten bereit. Ich bringe das Geld mit.“
David Wilkerson – Das Kreuz und die Messerhelden, Seite 6-7,eBook: ISBN 978-3-95459-517-4 (Best.-Nr. 148517)