Volkszählungen (Zusammenfassung)

Volkszählung (Zensus)
Als die Römer 30 v. u. Z. Ägypten eroberten, waren Zensusberichte bereits ein bewährter Bestandteil der ägyptischen Verwaltung. Vielleicht übernahmen die Römer das Zensussystem von den Ägyptern und führten im ganzen Reich ähnliche Verfahren ein.
Dass es solche Einschreibungen tatsächlich gab, belegt ein Edikt des römischen Statthalters von Ägypten aus dem Jahr 104 u. Z. Auf einer Abschrift dieses Edikts, die in der British Library aufbewahrt wird, heißt es: „Gaius Vibius Maximus, Statthalter von Ägypten, sagt: Bei der bevorstehenden häuslichen Einschreibung (Haushaltungsschätzung) ist es nötig, allen aus irgendeinem Grunde von ihren Wohnplätzen fern weilenden (Personen) kundzutun, daß sie in ihre Heimstätten zurückkehren (müssen), damit sie sowohl die übliche Einrichtung der Schätzung erfüllen als auch der ihnen zukommenden Landwirtschaft obliegen (können).
Lukas erwähnte vielleicht in zwei unmittelbar aufeinander folgenden Sätzen anscheinend zwei in der römischen Verwaltung klar unterschiedene Vorgänge, nämlich
Reichszensus (Lustrum), die Schätzung römischer Bürger im gesamten Imperium Romanum
Provinzialzensus, die Schätzung für die Bewohner einer Provinz, die das römische Bürgerrecht (Civitas Romana) nicht besaßen.
Die Steuererklärungen der Bewohner der Provinzen erfolgten vermutlich nach einem einheitlichen Steuerformular, welches in allen kaiserlichen Provinzen gleich war. Ein Formular aus dem Jahre 127 n. Chr. wurde in einer Höhle westlich des Toten Meeres gefunden.[10][11]
Ablauf
Beim Zensus wurde das Bürgerverzeichnis aktualisiert. Dafür wurden alle Erwachsenen, die sui iuris waren, also rechtlich unabhängig waren, an einem Tag einberufen. Sie mussten sich persönlich auf dem Marsfeld einfinden und unter Eid vor den Zensoren ihren vollen Namen sowie den ihres Vaters oder bei Freigelassenen des Freilassers, die Namen ihrer Familienangehörigen, ihren Herkunftsort, den tribus und ihr steuerpflichtiges Vermögen, besonders den Landbesitz, angeben. Für Personen, die unter patria potestas oder Vormundschaft standen, musste der pater familias oder Vormund diese Angaben machen. Frauen waren zwar auch verpflichtet, ihre Vermögenslage darzulegen, wurden dabei jedoch stets durch einen Vormund vertreten. Wer sich dem Zensus entzog, konnte als Sklave verkauft werden.
Seit der Einführung des Zensus und der Schaffung des Zensorenamtes 443 v. Chr. wurde dieser in unregelmäßigen Abständen abgehalten. 435 v. Chr. wurde als Sitz der Zensoren das erste öffentliche Gebäude auf dem Marsfeld, die Villa publica, errichtet.[2] Ab dem 3. Jh. v. Ch. betrug das Intervall dann circa 5 Jahre.
Nachdem nach dem Bundesgenossenkrieg auch den Einwohnern der italischen Städte das volle römische Bürgerrecht gewährt wurde, fand dort zeitgleich ein von lokalen Beamten geleiteter Zensus statt.
Einordnung des biblischen Berichts
Dass sich Lukas bei seiner Erwähnung in Lukas 2 nicht geirrt hat, zeigt die Stelle aus Apg. 5, 37. Im Gegnsatz zu dieser Volkszählung wird die Zählung in Lk.2,1 die erste genannt. Man weiß außerdem aus einem von Augustus selbst verfassten Bericht seiner Taten (res gestae), dass ihm Volkzählungen sehr wichtig waren. 8 v.Chr hat er einen Census für alle römischen Bürger angeordnet und 3 v.Chr stolz berichtet, dass nun alle römischen Bürger ihm die Treue geschworen haben und ihn als Vater des Landes anerkennen. In Ägypten ordnete er einen 14jährigen Rhythmus für die Zählungen an. Würde das auch für Judäa gelten, dann hätten wir nicht nur die von Josephus berichtete Zählung 6/7 nach der Zeitenwende, sondern auch eine 14 Jahre zuvor, was gut passte. Dass das Land noch von Herodes dem Großen regiert und erst 6 n.Chr der römischen Präfektur unterstellt wurde, widerspricht einer möglichen Volkszählung auch nicht, weil Herodes König von Augustus Gnaden war.

Und vielleicht ist die fragliche Volkszählung bei der Geburt von Jesus sogar indirekt bei Josephus erwähnt (Jüdische Altertümer, 17,2,4). In der Zeit als Herodes der Große seine beiden Söhne erdrosseln ließ (um 7 v.Chr) erzählt Josephus, dass das jüdische Volk dem Kaiser Augustus einen Treueeid geschworen habe, dem sich aber 6000 Pharisäer verweigerten. Ein solcher Treueeid ist aus Anlass von Volkszählungen bekannt. Ein anderer Anlass zu dieser Zeit, bei der ein persönlicher und nicht nur ein allgemeiner Treueeid gefordert gewesen wäre, ist nicht ersichtlich. Und auch die Reaktion von Herodes, nämlich eine Geldstrafe zu verhängen, passte zu einer Volkszählung, die vor allem der Steuererhebung diente.

Auch andere Volkszählungen sind von Josephus nicht berichtet, vielleicht weil sie einfach zu normal waren. Etwa eine reichsweite Volkszählung aus dem Jahre 41 unter Claudius, in der die Anzahl der Juden auf knapp 7 Millionen Personen gezählt wurde. Nach Angaben von Bar Hebraeus, einem judenchristlichen syrischen Autor des 13. Jahrh. betrug die jüdische Bevölkerung der römischen Reiches nach eine Volkszählung des Claudius im Jahre 41 6.944.000 Juden.