Markus Spieker schreibt in seinem Buch „Jesus eine Weltgeschichte“ auf Seite 123 folgendes:
Philo von Alexandrien war ein jüdischer Patriot, der sich um das Schicksal seiner Volksgenossen sorgte, dessen eigener Neffe sich aber auf die römische Seite schlug und am Ende sogar an der Vernichtung des eigenen Volkes mitwirkte.
Mit diesem Neffen, der den römisch-griechischen Namen Tiberius Alexander trug, lieferte er sich einen spannenden philosophischen Schlagabtausch, den er anschließend niederschrieb. Das Werk ist unter dem Titel «Von der Vorsehung» bekannt und erinnert an die Götter-Debatte bei Cicero. Philo will seinen dem Epikureismus zugeneigten Neffen zurück zur Gottesfurcht bringen. Philo verweist auf die Ordnung der Schöpfung, hinter der sich doch ganz offensichtlich eine göttliche Intelligenz manifestiere.
Tiberius Alexander antwortet mit der klassischen Gegenfrage: «Wenn eine Vorsehung die Welt lenkt, warum widerfährt guten Menschen so viel Unglück?»
Philo verweist auf den freien Willen des Menschen: «Gott ist kein Tyrann, sondern er ist ein König, der sanft regiert.» Er bittet seinen Neffen, das große Ganze im Blick zu behalten. Unter dem Strich zahle sich doch das Gute aus, nicht das Böse.
Tiberius Alexander ist allerdings nicht beeindruckt. Jedenfalls gibt er seinen jüdischen Glauben auf.
Dagegen bleibt Philo zeitlebens ein gläubiger Jude. Er hat keinen Zweifel daran, dass die biblischen Schriften von Gott inspiriert sind. Anders als die Pharisäer beschäftigt ihn nicht die Frage, wie man die verschiedenen Regeln im Alltag umsetzen kann. Er sucht nach Hinweisen auf eine universale Wahrheit, ein Weltprinzip, das für Juden und Nicht-Juden gleichermaßen schlüssig ist.