Links
Zusammenfassung
Die Panthera-Legende ist eine antike Überlieferung, der zufolge ein römischer Soldat namens Panthera der leibliche Vater Jesu Christi war. Vermutlich ist Panthera eine fiktive Person. Die erstmals im späten 2. Jahrhundert bezeugte Legende ist in einem christenfeindlichen jüdischen Milieu entstanden. Sie behauptet, Jesus sei das Kind aus einer ehebrecherischen Beziehung Pantheras mit Maria.
Die römische Überlieferung
Den ältesten Beleg für die Legende liefern Fragmente der verlorenen Kampfschrift gegen das Christentum mit dem Titel Wahre Lehre, die der Philosoph Kelsos (Celsus) im späten 2. Jahrhundert – wohl in der Zeit zwischen 176 und 180 – in altgriechischer Sprache verfasste, vermutlich in Alexandria. Kelsos übernahm die Darstellung einer unbekannten Quelle, die behauptete, die angebliche Geburt Jesu aus einer Jungfrau sei damit zu erklären, dass seine Mutter von ihrem Mann des Ehebruchs überführt und verstoßen worden sei und dann heimlich ein außereheliches Kind geboren habe, dessen Vater ein römischer Soldat namens Panthera gewesen sei. Die Geschichte von der Jungfrauengeburt habe Jesus selbst erfunden, um seine unehrenhafte Abstammung zu vertuschen.
Die einschlägigen Fragmente aus dem verlorenen Werk des Kelsos sind als Zitate in einer Gegenschrift des Kirchenschriftstellers Origenes überliefert. Das ebenfalls in griechischer Sprache abgefasste Werk des Origenes trägt den Titel Gegen die mit ‚Wahre Lehre‘ betitelte Schrift des Kelsos (kurz Gegen Kelsos, lateinisch Contra Celsum). Origenes schrieb seine umfangreiche apologetische Entgegnung auf die Polemik des Kelsos im Zeitraum von 244 bis 249. Zu der Legende teilt er wörtlich zitierend mit:
„Danach lässt er [Kelsos] die [fiktive] Person eines Juden auftreten, der mit Jesus selbst diskutiert und ihn, wie er meint, wegen vieler Dinge zur Rechenschaft zieht. Zunächst habe er ‚die Geburt aus einer Jungfrau erfunden‘. Er macht ihm auch zum Vorwurf, dass ‚er aus einem jüdischen Dorf stammt und von einer Frau vom Lande, einer armen Spinnarbeiterin, geboren ist‘. Er behauptet, ‚diese sei von ihrem Mann, der von Beruf Zimmermann war, als Ehebrecherin überführt, verstoßen worden‘. Ferner behauptet er, ‚von ihrem Mann vertrieben und ehrlos umherziehend, habe sie Jesus heimlich geboren‘. Und: ‚Aus Armut begab dieser sich als Tagelöhner nach Ägypten und erprobte dort einige [magische] Kräfte, derer sich die Ägypter rühmen. Stolz auf diese Kräfte kehrte er zurück und gab sich ihretwegen öffentlich als Gott aus.‘“ „Doch kehren wir zu den Worten zurück, die dem Juden in den Mund gelegt werden. Hier ist geschrieben, die Mutter Jesu sei ‚von dem Zimmermann, der mit ihr verlobt war, verstoßen worden, da sie des Ehebruchs überführt und von einem Soldaten namens Panthera schwanger geworden sei. Wir wollen sehen, ob die Erzähler der Fabel vom Ehebruch der Jungfrau mit Panthera und vom Zimmermann, der sie verstieß, all dies nicht blindlings erfunden haben, um die wunderbare Empfängnis vom Heiligen Geist zu beseitigen.“Origenes, Contra Celsum 1,32
„Höhnisch fügt er [Kelsos] hinzu: ‚Als sie von dem Zimmermann gehasst und verstoßen wurde, hat sie weder eine göttliche Macht noch Überredungsgabe errettet.‘“[
Die antike rabbinische Überlieferung
Es gibt auch eine antike rabbinische Literatur , die die Legende in anderer Gestalt als bei Kelsos verarbeitet.
Mittelalter und Frühe Neuzeit
Im Frühmittelalter entstand der Traktat Toledot Jeschu, der älteste zusammenhängende Bericht über Jesu Leben aus jüdischer Sicht. Diese Schrift war im Mittelalter und in der Frühen Neuzeit in einer Reihe von sehr unterschiedlichen Versionen weit verbreitet und bildete die Hauptquelle für das Jesusbild aus jüdischer Sicht.
In einem Teil der handschriftlichen Überlieferung wird ein Josef Pandera oder Josef ben Pandera genannt, der nach den meisten Handschriften mit Mirjam, der Mutter Jesu, deren Ehe oder Verlobung mit einem Jochanan brach; nach einer abweichenden Version war er ihr Gatte und Jochanan der Liebhaber.In aramäischen Fragmenten wird Jesus als Jeschu, Sohn des Pandera (oder Pandira) bezeichnet. In manchen Versionen erscheint Mirjam als unschuldiges Opfer, das von Pandera getäuscht wurde.
In der christlichen lateinischen Literatur findet sich schon im Frühmittelalter eine Erwähnung der jüdischen Legende. Erzbischof Amulo von Lyon (831–852) berichtet darüber mit Entrüstung in seinem Liber contra Judaeos (Buch gegen die Juden). Er schreibt, die jüdische Behauptung laute, dass Jesus der Sohn eines Nichtjuden namens Pandera sei, der mit Maria Ehebruch getrieben habe.
Die Deutung durch Voltaire
Voltaire äußerte sich in einer 1736 verfassten Schrift zu der im Toledot Jeschu überlieferten Darstellung. Dabei schreibt er, es enthalte Angaben, die „viel wahrscheinlicher sind als das, was unsere Evangelien schreiben“. Damit bezog er sich auf die Panthera-Geschichte, die er zusammenfassend wiedergab. Nach Voltaires Einschätzung ist der wesentliche Kern dieses Berichts, insbesondere die Nachricht, dass „Joseph Panther der Mirja ein Kind gemacht hat“, „sicher glaubhafter, natürlicher und entspricht eher dem, was sich alle Tage in der Welt zuträgt“ als die Annahme der Geburt Jesu durch eine Jungfrau.