Martin Luther über die Herrschenden

“und du sollst wissen, dass von Anbeginn der Welt an ein kluger Fürst ein gar seltener Vogel ist, ein noch viel seltenerer ein rechtschaffener Fürst. Sie sind im allgemeinen die größten Narren oder die schlimmsten Bösewichter auf Erden; deshalb muss man sich bei ihnen immer auf das Schlimmste gefasst machen und darf wenig Gutes von ihnen erwarten, besonders in göttlichen Sachen, die das Heil der Seele angehen. Denn sie sind Gottes Gefängniswärter und Henker, und sein göttlicher Zorn gebraucht sie, um die Bösen zu strafen und äußerlichen Frieden zu halten. Es ist ein großer Herr, unser Gott; darum muss er auch solche edlen, hochgeborenen, reichen Henker und Büttel haben, und will, dass sie Reichtum, Ehre und Furcht von jedermann in Hülle und Fülle haben sollen. Es gefällt seinem göttlichen Willen, dass wir seine Henker gnädige Herren heißen, ihnen zu Füssen fallen und mit aller Demut untertan sind, vorausgesetzt, dass sie ihr Handwerk nicht zu weit ausdehnen, indem sie aus Henkern Hirten werden wollen. Schlägt nun ein Fürst gut ein, dass er klug, rechtschaffen oder ein Christ ist, so ist das eines der großen Wunder und das allerteuerste Zeichen göttlicher Gnade über das betreffende Land. Denn in dem allgemeinen Lauf der Welt geht es nach dem Spruch Jesaja 3, 4: “Ich will ihnen Kinder zu Fürsten geben und Leute mit offnem Maul sollen ihre Herren sein”, und nach Hosea 13, 11: “Ich will dir einen König aus Zorn geben und mit Ungnade ihn wieder nehmen.” Die Welt ist zu böse und ist es nicht wert, dass sie viel kluge und rechtschaffene Fürsten haben sollte. Frösche müssen Störche haben.”