Johannes Calvin war nicht der Finsterling, zu dem er von manchen Historikern gemacht wird, schon gar kein «Taliban von Genf». Er mochte gutes Essen und auch Geselligkeit, wenn sie im Rahmen des Anständigen blieb. Er errichtete kein Terrorregime. Viele seiner Maßnahmen waren aber eindeutig überzogen. Wie später die Puritaner hatte Calvin mehr Talent darin, theologische Texte zu schreiben als Gesetze und Verordnungen:
Bei der Taufe von Kindern waren bald nur noch Namen erlaubt, die in der Bibel vorkamen. Wirtshäuser wurden geschlossen, das Weihnachtsfest als unbiblisch verboten, ebenso wie Kartenspiele, das Tanzen sowieso. Als sich einige Genfer bei einer Hochzeitsfeier darüber hinwegsetzten, landeten sie im Gefängnis. Illegal waren auch Theatervorführungen, sogar solche, die auf biblischen Geschichten beruhten. Bei vorehelichem Sex drohten öffentliche Peitschenhiebe, bei Ehebruch sogar die Hinrichtung.
Dass Jesus selbst sich auf die Seite einer Ehebrecherin und gegen deren Steinigung gestellt hatte, fiel bei den strengen Reformatoren nicht so stark ins Gewicht. Sie verwiesen auf die Tora, in der das Strafmaß vorgegeben war.