Seit Mitte des 18. Jahrhunderts war der Begriff «Aufklärung» in Umlauf. 1783 wollte der Pfarrer Johann Friedrich Zöllner es genau wissen. «Was ist Aufklärung?», fragte er in einer Zeitschrift. Ein Jahr später wurde die Antwort abgedruckt. Sie kam von dem Philosophen, dem seine Eltern den Namen Immanuel («Gott mit uns») gegeben hatten: Kant.
«Aufklärung ist der Ausgang des Menschen aus seiner Unmündigkeit», schrieb der Königsberger Professor. «Unmündigkeit ist das Unvermögen, sich seines Verstandes ohne Leitung eines anderen zu bedienen.» Wer sich weiter von Kirchenführern und deren Denkvorschriften gängeln ließ, war somit unfrei und rückständig. Allerdings stieß der Verstand bei Gott an seine Grenzen, das hatte Kant drei Jahre zuvor in seiner «Kritik der reinen Vernunft» zugegeben. Also verschwendete man besser nicht zu viel gedankliche Anstrengung an ihn.
Religion, das räumte Kant ein, war freilich immer noch wichtig zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung.
Kant, ein ausgesprochener Pedant und ziemlicher Egomane, war besessen von dem Ziel, den Ankerpunkt des Lebens zu verlagern: weg von einem Gott, an den man glauben musste, hin zu dem, was der eigene Verstand als richtig begriff (Markus Spieker _Jesus eine Weltgeschichte).
Zu Beginn der Französischen Revolution hatten die Intellektuellen noch gejubelt. Immanuel Kant soll mit einem Bibelzitat reagiert haben, den Worten des alten Simeon, als er das Jesuskind sah: «Herr, nun lasse deinen Diener in Frieden dahinfahren, denn ich habe das Heil der Welt gesehen.»