Am 1. Dezember 1911 war in Berlin die Uraufführung des Schauspiels »Jedermann« von Hugo von Hofmannsthal. Es war »Das Spiel vom Sterben des reichen Mannes« und beeindruckte Zuschauer und Öffentlichkeit in außerordentlichem Maße. Seit 1920 werden die Salzburger Festspiele jedes Jahr (außer 1939-1945) mit dem »Jedermann« eröffnet, und der Zuschauerandrang hält unvermindert an.
Das mag daran liegen, dass das unausweichliche Schicksal des Sterbens jeden Menschen – ob reich oder arm – in gleicher Weise betrifft. Natürlich verdrängt der Mensch den Gedanken an den Tod, wie es auch der Jedermann im Schauspiel tut; fröhlich lebt er im Wohlstand und beachtet nicht seinen Schöpfer. Als er erfährt, dass er sterben und vor Gott Rechenschaft ablegen muss, will er seinen Reichtum und seine Freunde mitnehmen, die ihm bisher Selbstbewusstsein verschafft haben. Aber das ist unmöglich, er kann vor Gott nur mit den »Schwestern >Glaube< und >Werke<« Anerkennung finden. Doch gerade »gute Taten« hat er kaum aufzuweisen: »Auf deiner Seite steht nit viel / hast schon verloren in dem Spiel.« Erst als ihm klar wird, dass nur der »Glaube« an die Erlösertat Gottes durch Jesus Christus ihn vor Gott gerecht spricht, kann er beruhigt sterben: »Gott hat geworfen in die Schal / sein Opfertod und Marterqual / und Jedermannes Schuldigkeit / vorausbezahlt in Ewigkeit.«