Es gibt keinen moralischen Fortschritt, weder mit den Göttern noch ohne sie. Das ist die Pointe eines Dramas, das ähnlich hoffnungslos endet wie «Thyestes»: «Die Bacchantinnen», das letzte Werk des griechischen Dichters Euripides. Es wurde kurz nach seinem Tod und kurz vor der Hinrichtung des Sokrates uraufgeführt, also um das Jahr 400 vor Christus. Es kam bei den Athenern so gut an, dass sie ihm den ersten Preis im jährlichen Tragödienwettbewerb verliehen. Tragischer Held der «Bacchantinnen» ist der König Pentheus. Weil er Ordnung herstellen will, verbietet er den wilden Kult um Bacchus, den Gott des Rausches. Bacchus, der auf Griechisch «Dionysos» heißt, erteilt dem kecken Pentheus daraufhin eine tödliche Lektion. Er versetzt eine Gruppe Frauen, darunter die Mutter des Pentheus, in einen solchen Rausch, dass sie Pentheus für ein Tier halten und ihn abschlachten. Das Drama hat keine eindeutige Moral, nur die Botschaft, dass Religion eine tödlich ernste Angelegenheit ist und Menschen sich längst nicht immer rational verhalten.