Als Josephus von den Römern gefangen genommen wurde, wollte der römische Feldherr, Vespasianus, den feindlichen Anführer als Zeichen des Sieges nach Rom zum Kaiser (Nero) schicken.
Als Josephus diesen Entscheid vernommen, eröffnete er dem Vespasian, dass er ihm eine vertrauliche Mittheilung zu machen wünsche. Dieser hieß alle Anwesenden, mit Ausnahme seines Sohnes Titus und zweier Freunde, sich entfernen, 400 und nun nahm Josephus das Wort: „Du meinst wohl, o Vespasian, an mir nur einen Kriegsgefangenen gewonnen zu haben, aber ich komme zu dir als Bote der höchsten Verheißungen. Denn hätte ich nicht eine Sendung von Gott zu erfüllen, so hätte ich mich wohl an das erinnert, was in solchen Fällen bei den Juden Gesetz ist, und wie ein Feldherr zu sterben habe. 401 Dem Nero willst du mich schicken? Wie? werden denn Nero und seine Nachfolger, die dir noch vorausgehen sollen, überhaupt noch bis dahin am Ruder sein? Du, o Vespasian, wirst alsdann schon Kaiser sein und Monarch, ja du, sage ich, und dieser dein Sohn da! 402 Fessle mich darum nur ganz sicher und behalte deinen Gefangenen ja für dich allein, der du bereits mein Herr, und nicht bloß der meinige, sondern der Herr über die Erde und das Meer und das gesammte Menschengeschlecht bist. Ich aber möchte für meine Person um eine noch stärkere Wache bitten, auf dass ich ja meiner Bestrafung nicht entgehe, falls ich nur freventlich zu einem leeren Geplauder Gott in den Mund genommen haben sollte.“ 403 Als Josephus geendet, sah man es zunächst Vespasian an, dass er an die Weissagung nicht recht glauben mochte und zur Annahme geneigt war, es sei das Ganze nur von Josephus schlau erdichtet, um sein Leben damit zu retten. 404 Allmählich aber gab er sich doch dem Glauben daran hin, da von jetzt an bereits Gott selbst seine Gedanken auf das Diadem hinlenkte [270] und den Herrscherstab in seinem Hause ihm auch durch andere Zeichen noch vorbedeuten ließ 405 Uebrigens fand Vespasian die Verlässlichkeit des Josephus noch aus anderen Fällen bestätigt. Bei jener geheimen Verhandlung hatte nämlich der eine von den zwei Freunden Vespasians, die derselben anwohnten, die Bemerkung gemacht, dass er es höchst seltsam finde, warum Josephus weder den Bewohnern von Jotapata die Eroberung ihrer Stadt, noch sich selber die Gefangennahme habe weissagen können, und dass er schon darum seine ganze Prophezeiung für leeres Gerede halten müsse, ausgesonnen in der Absicht, um das Gewitter über seinem Haupte zu verscheuchen. 406 Auf das hin theilte Josephus Folgendes mit: „Ich habe auch in der That den Jotapatenern vorausgesagt, dass nach 47 Tagen ihre Stadt erstürmt werden würde, und dass ich selbst lebendig den Römern in die Hände fallen werde.“ 407 Vespasian ließ darauf insgeheim bei den Gefangenen Umfrage halten und fand alles bestätigt. In der Folge begann er auch der auf ihn bezüglichen Weissagung Glauben zu schenken. 408 Zwar erließ er dem Josephus weder Haft noch Banden, aber er gab ihm eine kostbare Kleidung und andere Wertsachen und behandelte ihn von da an stets mit ausgesuchter Freundlichkeit und Aufmerksamkeit. Auch an diesen Gunstbezeigungen hatte wieder der Einfluss des Titus seinen ganz besonderen Antheil gehabt.