Die Identitätskrise des Menschen seit dem Mittelalter bis zum 21. Jahrhundert.

Bis zum Mittelalter war für den Menschen die Grundlage die biblische Offenbarung der Hl. Schrift. Hier war Gott und Welt miteinander verbunden. Der Humanismus löst sich nun aus der Geborgenheit dieses Weltbildes und weist den Menschen als einzelnes Individuum aus. Die bestehenden Autoritäten werden fragwürdig, der Mensch beginnt, sich aus sich selbst zu definieren.
Rene Descartes (gest. 1650) stellt die Frage, worauf der Mensch sich gründen könnte, falls die sinngebenden Instanzen Kirche, Staat, Recht, Sitte und die eigene sinnliche Wahrnehmung versagen sollten. Er gibt die Antwort, dass es nur eine einzige Instanz gäbe, auf die der Mensch sich hundertprozentig verlassen könne: seine eigene Vernunft.

Imannuel Kant (gest. 1804) baut seine Aufklärungsphilosophie im Wesentlichen auf dieser Grundlage auf, er weist den Menschen auf sich zurück, über die sinnlich wahrnehmbare Welt hinauszudenken, das ist dem Verstand nicht möglich, und schafft sich so in dem sinnlich Wahrnehmbaren seine Welt.
Die Wirklichkeit wird auf die 5 Sinne reduziert. Die großen Fragen des Menschseins „Wer ist Gott?,“ „Wer ist der Mensch?“ und „Was ist das Ziel?“ waren mit dieser Aufklärungsphilosophie nicht mehr zu beantworten. Die Immananzorientierung, (Innerweltlichkeit) als ausschließliche Wahrheit, führt den Menschen in die Heimatlosigkeit, die nirgends erschütternder ausgedrückt wird als bei Friedrich Nietzsche (gest. 1900)

Die Welt – ein Tor
Zu tausend Wüsten stumm und kalt!
Wer Das verlor,
Was du verlorst, macht nirgends Halt.
Nun stehst du bleich,
Zur Winter-Wanderschaft verflucht,
Dem Rauche gleich,
Der stets nach kältern Himmeln sucht.
Bald wird es schnei’n,
Weh dem, der keine Heimat hat!

In dieses Vakuum brachen im 19. und 20. Jahrhundert säkulare Ideologien ein. Wenn die Antwort des christlichen Glaubens verstummt, holte sich der Mensch auf die letzten Fragen seines Lebens woanders die Antwort her. Wo das biblische Gottesbild zurücktrat, kam der Pantheismus auf, der den Unterschied zwischen Schöpfer und Geschöpf aufhebt und die ganze Welt als Erscheinungsform des Göttlichen versteht (eine im New-Age-Denken weit verbreitete Auffassung). Wo das biblische Menschenbild verblasste, entstanden unter dem Einfluss von Karl Marx (gest. 1883) und Siegmund Freud (gest. 1939) kollektivistische und psychologistische Menschenbilder, die durch den Neomarxismus unserer Zeit einen beherrschenden Einfluss auf unsere Gesellschaft bekommen haben.

Wo das biblische Zukunftsbild verkümmerte, hat die Philosophie Friedrich Hegels (gest. 1831) utopischen Zukunftshoffnungen Raum gegeben. Der Mensch wird sich immer mehr vervollkommnen. Der Marxismus und das Evolutionsdenken begannen ihren Siegeslauf.

Siegfried Kettling (Theologe) hat einen Aufsatz dazu geschrieben: „Der Mensch ein Puzzle,“ darin lässt er zu der Frage: „Was ist der Mensch“ einige „Fachleute“ zu Wort kommen: Der Arzt und Chirurg sagte auf unsere Frage: Wenn wir das alles berechnen, dann ist der Mensch mal eine Ansammlung von Knochen, Muskeln,…. Der Pädagoge sieht den Menschen als ein zu erziehendes Wesen, der Soziologe erklärt: Der Mensch ist ein Rollenspieler, der homo soziologicus und last not least kommt jetzt noch der Philosoph Yuval Harari, der den homo sapiens zu einem homo deus kreiert. Wir werden zu Göttern, dank KI.
Kettling resümiert: Eine Fülle von Bildern! Jeder Spezialist zeigt einen Aspekt auf; genauer eine Unzahl von Puzzleteilchen, die am Ende kein gemeinsames Bild ergeben.