Wasser war neben anderen Begriffen schon lange vor Thales ein Begriff, der in Kosmogonien des Alten Orients dazu benutzt wurde, die Herkunft der Welt zu erklären. Die Vorstellung eines kosmischen Urozeans, innerhalb dessen Himmel und Erde entstanden sein sollen, findet sich unter der Bezeichnung Apsu bereits in der sumerischen Mythologie und gelangte von dort aus wahrscheinlich sowohl nach Babylonien wie ins Alte Ägypten. Auch in der Ilias, die im 8. Jahrhundert v. Chr. von Homer gedichtet wurde, wird von dem Flussgott Okeanos gesagt, er sei der „Ursprung der Götter“ und der „Ursprung von allem.“ Im 7. Jahrhundert v. Chr. schrieb der Dichter Alkman eine Weltentstehungsgeschichte, an deren Anfang die Gewässer stehen. Es kann angenommen werden, dass einige dieser alten Vorstellungen Thales beeinflusst haben. Jedenfalls ist dieser in die Philosophiegeschichte eingegangen, weil er das Wasser als den Anfang oder Urgrund aller Dinge bezeichnet haben soll.
„Thales […] bezeichnet als […] Ursprung [archḗ] das Wasser [hýdōr]. Auch das Land, lehrte er deshalb, ruhe auf dem Wasser. Den Anlass zu dieser Ansicht bot ihm wohl die Beobachtung, dass die Nahrung aller Wesen feucht ist, dass die Wärme selber daraus entsteht und davon lebt; woraus aber jegliches wird, das ist der Ursprung von allem. War dies der eine Anlass zu seiner Ansicht, so war ein andrer wohl der Umstand, dass die Samen aller Wesen von feuchter Beschaffenheit sind, das Wasser aber das Prinzip für die Natur des Feuchten ausmacht. Manche nun sind der Meinung, dass schon die Uralten, die lange Zeit vor dem gegenwärtigen Zeitalter gelebt und als die ersten in mythischer Form nachgedacht haben, die gleiche Annahme über die Substanz gehegt hätten. Diese bezeichneten Okeanos und Tethys als die Urheber der Weltentstehung und das Wasser als das, wobei die Götter schwören. […] Ob nun darin wirklich eine so ursprüngliche Ansicht über die Substanz zu finden ist, das mag vielleicht nicht auszumachen sein. Jedenfalls von Thales wird berichtet, dass er diese Ansicht von der obersten Ursache aufgestellt habe.“
Aristoteles: Metaphysica 983b20f.
Nach Aristoteles war Thales der erste Philosoph, der die Frage nach einem Urgrund aller Dinge stellte. Aristoteles unterscheidet die Ansichten der Vorsokratiker nach Anzahl und Beschaffenheit des angenommenen Ursprungs aller Dinge (archḗ). Thales habe nicht mehrere Ursprünge angenommen – wie Empedokles, der von den vier Ursprüngen Feuer, Wasser, Luft und Erde ausging –, sondern nur einen, der zudem „materieller“ Natur gewesen sei, also nicht „immateriell“ wie etwa „das Unbegrenzte“ seines Schülers Anaximander. Ähnliches wie Aristoteles berichten auch Hippolyt von Rom und Diogenes Laertios, wobei Hippolyt von Rom im folgenden Zitat auch die Theologie und Astronomie des Thales, sowie eine Anekdote erwähnt:
„Thales lehrte, der Ursprung aller Dinge sei das Wasser.“
Diogenes Laertios: I,27
Dass das Leben aus dem Wasser kam, war in den ursprünglichen Kulturen noch vorhanden und wurde weiter gegeben. Das ist bei mehreren urgeschichtlichen Themen der Bibel so.