Das Verhältnis Johann Wolfgang von Goethe zum Christentum

„Wenn nur die ganze Lehre von Christo nicht so ein Scheinding wäre, das mich als Mensch, als eingeschränktes, bedürftiges Ding rasend macht, so wär’ mir auch das Objekt lieb“

(An Herder, Mai 1775. Zit. nach Gerhard von Frankenberg, JOHANN WOLFGANG VON GOETHE in Karlheinz Deschner (Hg.), Das Christentum im Urteil seiner Gegner, Verlag Max Huber 1986, S. 159)

Was ist es, das Goethe an der Lehre von Jesus Christus „rasend“ machte?

Der Dichterfürst hat den Liebesgeboten Jesu nie widersprochen. Für dessen Person empfand er auch Ehrfurcht. Aber der Gedanke einer Erlösung durch stellvertretendes Leiden gefiel ihm nicht. An die Stelle der christlichen Lehre von Schuld und Gnade trat bei Goethe die Vorstellung der Selbsterlösung, des Vollkommenwerdens aus eigener Kraft.

Demgegenüber sagt die Bibel über die Heilsbotschaft Jesu Christi, dass jeder, der an sie glaubt, durch Gott von seiner Schuld befreit wird und das ewige Leben hat. Aber eine Selbsterlösung gibt es nicht, der Mensch kann sich nicht selbst erlösen.

Das ist es, was Goethe so rasend macht, dass er seinen menschlichen Stolz hätte aufgeben und sich von Jesus Vergebung hätte schenken lassen müssen.