Corrie ten Boom erzählt in dem Buch, mit Gott durch dick und dünn:

Und diese Zeichen werden die begleiten, die glauben: Sie werden in meinem Namen Dämonen austreiben …
Markus 16,.7
Wochenlang reisten wir durch Osteuropa: Russland, Polen, Tschechoslowakei – und sprachen in Wohnungen und gelegentlich sogar in einer Kirche. In Osteuropa sind noch viele Kirchen geöffnet und die Kommunisten kontrollieren sehr genau, wer dort predigt und was er sagt. Mir als harmloser alter Holländerin erlaubten sie gelegentlich, in einer der Kirchen zu sprechen.
Es musste ein Wunder geschehen sein, als ich eines Tages die Einladung erhielt, eine Reihe von Vorträgen im großen Dom einer großen kommunistischen Stadt zu halten. Ich lernte dort Pfarrer kennen, die den Herrn liebten und die nichts mehr wünschten, als dass verlorene Menschen gerettet würden. Während der ersten Abende sprach ich über das überfließende Leben in Jesus Christus – Freude, unaussprechliche Liebe, über den Frieden, der allen Verstand übersteigt. I
ch malte den Leuten vor Augen, was es bedeutet, Jesus zu kennen und von ihm die großen Verheißungen zu bekommen, die unser Leben in die Freiheit und uns selbst zu vollmächtigem Handeln führen. Aber irgendetwas war verkehrt. Ich sah zwar, dass sich viele Leute freuten, aber die meisten saßen auf ihren Bänken, als hätten sie Wurzeln geschlagen. Wie angekettete Tiere, denen es sterbenselend vor Hunger ist und die keine Kraft mehr haben, sich das Futter heranzuziehen. Und je mehr ich ihnen zu geben versuchte, desto mehr verstärkte sich in mir der Eindruck, dass ihre Herzen zugeschnürt waren, sodass sie von der Nahrung, die ich ihnen reichte, nichts annehmen konnten. Abend für Abend kehrte ich in mein Zimmer zurück mit dem bedrückenden Wissen, dass diese Leute haben wollten, was ich ihnen anbot, und dass sie es doch nicht nehmen konnten.
Ich hatte damals eine deutsche Begleiterin bei mir und die sagte eines Tages: »Es ist gerade so, als hätte der Teufel einen Zaun um diese Leute gezogen, damit du sie nicht erreichen kannst.« Da wurde ich aufmerksam. Konnte es sein, dass hier dämonische Bindungen vorlagen? Ich öffnete meine Bibel und las: »
Sie werden in meinem Namen Dämonen austreiben …
« »Herr, was soll ich jetzt tun?«, rief ich. »Mir gehorchen!«, kam die Antwort. »Aber wie, Herr?«, fragte ich weiter. »Wenn, dann sind es so viele, die durch dämonische Mächte gebunden sind, und ich kann doch nicht jeden Einzelnen daraufhin ansprechen!«
»Das habe ich auch nirgends gesagt«, kam die Antwort. Ich war verwirrt und suchte weiter in seinem Wort. Es konnte kein Zweifel mehr sein: Der Herr erwartete von mir, dass ich alle diese teuflischen Geister in seinem Namen austrieb. Aber ich wusste auch, dass dieser Dienst in den kommunistischen Ländern verboten ist. An diesem Abend sollte die letzte Versammlung stattfinden.
Der große Dom war voll von Menschen. Aber es war dasselbe we an all den Abenden vorher. Sie konnten nicht nehmen, was ich ihnen anbot. Wieder sprach ich über Jesus, den Sieger. Er redete zu uns durch das Wort aus Johannes 16,33: »Hier auf der Erde werdet ihr viel Schweres erleben. Aber habt Mut, denn ich habe die Welt überwunden.«
Aber da unten saßen sie wie Denkmäler, unfähig, den Trost und die Freude des Herrn aufzunehmen. Ich wusste, dass mich der Herr zum Handeln aufgerufen hatte. Ich zitterte, aber ich hatte keine Wahl. »Ich muss meine Botschaft für einen Augenblick unterbrechen, Freunde«, sagte ich. »Viele von euch können den Reichtum des Herrn nicht aufnehmen, der uns heute Abend angeboten wird.
Die Knechte Satans haben euch in Fesseln geschlagen.« Nach einem tiefen Atemzug und einem letzten kurzen Gebet rief ich mit lauter Stimme: »Im Namen Jesu gebiete ich allen dunklen Mächten, welche die Segnungen Gottes von den Menschen hier fernhalten, zu verschwinden. Fahrt aus! Fahrt aus den Herzen dieser Menschen. Fahrt aus aus dieser Kirche. Fahrt hin zu dem Platz, wohin Gott euch sendet.«
Dann schloss ich meine Augen, hob meine Hände hoch und betete: »Herr, nun beschütze uns durch dein kostbares Blut. Amen.« Ich war erschrocken, fühlte mich aber sicher. Ich wusste, dass ich im Auftrag Gottes gehandelt hatte.
Als ich dann meine Augen öffnete und über die große Versammlung blickte, sah ich, wie das Wunder geschah: Die gebundenen Leute wurden frei. Sie begannen sich zu freuen, und als ich mit meiner Botschaft fortfuhr, merkte ich, wie ihre durstigen Herzen das lebendige Wasser tranken, das ich vor ihnen ausgoss.
Es war geplant, dass ich nach der Versammlung mit den Pfarrern der Stadt zusammentraf. Ich konnte also nicht mehr bei den Leuten sein, die nach vorn kamen, um mich zu sprechen. Ich hatte den Raum, in dem sich die Pfarrer schon versammelt hatten, kaum betreten, als einer der Pfarrer vorwurfsvoll sagte:
»Wie konnten Sie so etwas tun! Es ist hier strikt verboten, über Dämonen zu sprechen.«
»Ich muss Gott gehorchen.«
Mehr hatte ich dazu nicht zu sagen. Ich konnte es auch nicht. Ich war glücklich, aber ganz erschöpft. Dann sprachen die Pfarrer weiter über die Versammlung. Auch sie hatten es geahnt, dass dämonische Bindungen vorlagen. Sie hatten auch die Befreiung miterlebt, als die Dämonen ausgetrieben waren. Aber einige von ihnen hatten Psychologie studiert und andere Dämonologie, und nun begannen sie ein hitziges Gespräch über dieses Thema.
Ich hatte von alledem nichts studiert. Alles, was ich wusste, war, dass Gott mir befohlen hatte, von meiner Autorität im Namen Jesu Gebrauch zu machen.
So saß ich schweigend dabei. Argumente und Gegenargumente schwirrten wie Pfeile um mich herum. Schließlich sagte einer der Pfarrer: »
Wir kennen Gottes Verheißungen und Gottes Gebote, aber wer unter uns war je bereit gewesen, dem Wort Jesu in Markus 16,17 zu gehorchen: ›Und alle diese Zeichen werden denen folgen, die glauben; in meinem Namen werden sie Dämonen austreiben …‹?« Darauf folgte ein langes peinliches Schweigen.
Wenn die Bibel mit menschlicher Theologie konfrontiert wird, dann verursacht das immer Spannungen. Der Pfarrer fuhr fort: »Heute Abend hat Gott Corrie ten Boom die Gnade geschenkt, die Kraft Jesu in Anspruch zu nehmen und in seinem Namen Teufel auszutreiben. Wir sollten dafür dankbar sein und nicht darüber diskutieren.« Damit war das Pastorentreffen beendet.
Aber für mich hatte etwas begonnen. Es ist immer tragisch, wenn Menschen, besonders Menschen Gottes, die Tatsache nicht zur Kenntnis nehmen, dass wir nicht nur von Engeln umgeben sind, sondern auch von den Mächten der Finsternis.
Als ich einmal nach meiner Meinung über die Missionare eines bestimmten Landes gefragt wurde, konnte ich nur antworten:
»Sie haben alles gegeben, was sie hatten. Aber sie haben nicht alles genommen. Sie haben ihre Heimat gegeben, ihre Zeit, ihr Geld, ihre Bequemlichkeit und noch vieles mehr. Aber sie haben nicht die überfließenden Quellen der Verheißungen Gottes in Anspruch genommen.
Manche kennen die beiden kostbaren Waffen noch nicht einmal: die Kraft des Blutes Jesu und das legale Recht jedes Christen, in dem wunderbaren Namen Jesu Dämonen auszutreiben.« Es stimmt schon: Die Heiden erkennen die Existenz der bösen Geister an, aber die meisten Missionare ignorieren sie oder halten das alles für Aberglauben. Und gerade jene Missionare, die der »Fürst der Gewalt in der Luft« blind macht für die Offenbarung der Bibel über die satanischen Mächte, halten es für überflüssig, sich diesen Fragen zu stellen.
Aber wir müssen den Feind kennen, um ihn zu besiegen. Wir dürfen nicht in den Fehler verfallen, den C. S. Lewis in seiner »Dienstanweisung für einen Unterteufel« beschreibt. Dort spricht er davon, dass es zwei gleich verhängnisvolle, aber gegensätzliche Irrtümer gibt, denen die Menschheit im Blick auf die Teufel verfallen kann:
Der eine sei es, an ihre Existenz nicht zu glauben. Und der andere: mit ihrer Existenz zu rechnen, aber ein ungesundes Interesse an ihnen zu haben. Wir haben einen guten Schutz und sicheren Führer: die Bibel, Gottes Wort.
Wir finden hier nicht nur die notwendigen Informationen über Satan und die Dämonen, sondern auch über die Waffen und die Ausrüstung, die wir für diesen Kampf brauchen. Es ist Gottes Wille und er erwartet es von uns, dass wir über die Mächte der Finsternis siegen – nicht nur um unserer selbst willen oder wegen der Befreiung anderer. Nein, es geht um seine Herrlichkeit. Überall sollen sein Triumph und sein Sieg über seine Feinde sichtbar werden. Das wurde mir immer deutlicher. Es begann mich zu bedrängen, dass die Gemeinden so hilflos waren, und immer stärker spürte ich den Auftrag des Herrn, in seinem Namen zu handeln.
Das war nicht leicht. Denn neben dem Kampf gegen den Bösen stand das Unverständnis, ja oft auch der Unwille derer, die es aufgrund ihrer Schriftkenntnis, ihres langen Lebens mit dem Herrn eigentlich hätten wissen müssen. Oft überfiel mich auch die Angst. Aber das war immer ein Grund, mich umso fester an den Herrn zu klammern, und als ich merkte, wie notwendig dieser Dienst war, schrieb ich nieder, was ich darin erkannt und erfahren hatte. Ich schrieb das kleine Büchlein »Besiegte Feinde« und kam dabei zu folgenden Ergebnissen: Zuerst müssen wir sehen, was die Bibel über die Mächte der Finsternis sagt.
Der Teufel (oder Satan) wird als eine Person eingeführt, die sich Gott und seinem Werk entgegenstellt. Er ist der »Gott dieser Welt«, der den Geist der Menschen verdunkelt, sodass sie dem Wort Gottes nicht mehr vertrauen. Weil er gegen Gott rebellierte, wurde er aus dem Himmel ausgetrieben; dann betrieb er die Austreibung des Menschen aus dem Paradies. Jesus nennt ihn den Vater der Lüge, einen Lügner, einen Mörder (Johannes 8,44).
Oft erscheint er als Engel des Lichts, wenn er die Vernichtung der Auserwählten Gottes betreibt. Aber Gott hat ihn verflucht, und Jesus triumphierte über ihn am Kreuz und in seiner Auferstehung.
Er ist verdammt worden und am Ende wird er vernichtet sein. Dann gibt es viele Arten von Dämonen, die die Menschen auf viele Weisen angreifen. Sie schaffen Irrlehren, versuchen die Auserwählten Gottes zu unterdrücken, zu quälen und zu beherrschen. Sie kennen Jesus und seine Macht und fürchten ihn. Ihr Ende ist das gleiche wie das Satans: die Hölle. Das sagt die Bibel über die Mächte der Finsternis. Nun gibt sie uns Anweisungen, wie wir uns diesen Mächten gegenüber verhalten sollen.
Dabei ist es äußerst wichtig, dass wir wissen: Wir sind in Christus. Wir sind berufen, dem Teufel in der »ganzen Rüstung Gottes« zu widerstehen. In der Kraft des Blutes Jesu, im Glauben, Beten und Fasten. Als wir einmal in Ravensbrück kaum etwas zu essen hatten, sagte meine Schwester Betsie: »Lass uns doch das unfreiwillige Fasten dem Herrn ausliefern. Dann wird es ein Segen.« Daraufhin hatten wir Macht über Dämonen, die uns quälten, und wir trieben sie aus unserer Baracke hinaus. Das war eine unserer großen Erfahrungen im KZ. Gottes Wort bleibt das gleiche und seine Gebote bedeuten für uns heute dasselbe wie für seine Jünger vor 2000 Jahren.
Wer also im Gehorsam auf sein Wort hin handelt, wird auf die gleiche Weise seine Allmacht erleben. Ja, Jesus sagt sogar: »Sie werden in meinem Namen Dämonen austreiben …« »Sie« – damit meint er uns.
Unser Kampf gilt nicht einer sichtbaren Armee, einer politischen Partei, einer atheistischen Organisation. Unser Kampf gilt geistigen Organisationen und Mächten. Dämonen sind überall da, wo okkulte Sünden vorliegen, selbst wenn sie Jahre zurückliegen. Da ist es gleich, ob man so etwas »nur mal zum Spaß« praktiziert – die Dämonen, die dadurch gerufen werden, bleiben, bis sie im Namen Jesu ausgetrieben werden. Wir stehen der unsichtbaren Macht gegenüber, die diese dunkle Welt beherrscht und deren Agenten unmittelbar aus dem Hauptquartier des Bösen gesandt werden. Deshalb müssen wir »die ganze Waffenrüstung Gottes« tragen.
Nur dann können wir dem Bösen am Tag seiner Macht widerstehen. Und wir befinden uns selbst dann noch auf Siegesgrund, wenn der Kampf ins Stocken geraten sollte. Als Conny noch mit mir reiste, arbeiteten wir eine Zeit lang in Polen. Wir trafen dort viele bewundernswerte Christen und es bereitete uns große Freude, diesen Männern und Frauen Gottes Trost und neue Kraft zuzusprechen. Aber je länger wir in Polen waren, desto schneller erschöpften sich unsere eigenen Kräfte. »Ich kann es einfach nicht verstehen«, sagte Conny eines Morgens. »Nun habe ich die ganze Nacht durchgeschlafen, aber ich bin schon wieder müde und fühle mich ganz elend.«
Mir ging es genauso. Auch ich war müde und fühlte mich elend. Zunächst dachten wir, wir hätten irgendwo ein paar Bazillen aufgelesen, aber weder Conny noch ich schienen wirklich krank zu sein. Kurz darauf trafen wir in Warschau einen alten holländischen Freund. Kees reiste mit seiner Frau in einem Wohnwagen durch Polen. Er freute sich riesig, als er uns traf, aber als er sich nach unserem Ergehen erkundigte, schwiegen wir beide, Conny und ich. »Wir müssen es dir sagen, Kees«, rückte ich schließlich heraus. »Wir sind beide furchtbar müde. Unsere Beine sind so schwer, als hätten wir die Grippe. Aber wir sind nicht krank, nur schlapp, nur müde.«
Kees sah uns nachdenklich an. »Ist es das erste Mal, dass ihr in Polen arbeitet?« »Ja«, sagte ich, »aber was hat das mit unserer Müdigkeit zu tun?« »Das kann ich euch sagen«, antwortete Kees.
»Eure Müdigkeit ist nichts als ein Angriff des Teufels. Er will nicht, dass ihr hier in Polen arbeitet. Der Antichrist ist tätig, er baut auch hier seine Armee auf.« Er legte seine Hand auf meinen Arm und sagte ernst: »Corrie und Conny, ihr müsst immer daran denken, dass ihr unter dem Schutz des Blutes Jesu steht. Jedes Mal, wenn ihr merkt, wie die dunklen Mächte euch angreifen wollen, dann müsst ihr ihnen im Namen Jesu widerstehen.«
Ich wusste, dass es stimmte, was er sagte. Als wir in seinem Wagen saßen, las er den elften Vers vom zwölften Kapitel aus der Offenbarung: »Sie haben ihn durch das Blut des Lammes besiegt und dadurch, dass sie an der Botschaft Gottes festhielten und bereit waren zu sterben.«
Dann betete Kees mit uns und legte uns im Namen Jesu die Hände auf. Er wies die dunklen Mächte ab, die uns angreifen wollten. Und während er betete, fühlte ich, wie die Dunkelheit wich. Nach dem Gebet fühlten wir uns durch das Blut des Lammes geschützt und alle Müdigkeit war verschwunden. So hat uns Gott in Polen eine wichtige Lektion gelehrt, an die wir uns in vielen anderen Ländern der Welt erinnern sollten. Er lehrte uns in einem Land, in dem eine gottlose Philosophie herrschte, dass wir nur dann stehen und nicht fallen, wenn wir das Blut Jesu in Anspruch nehmen.
Das gilt überall, ob wir in einer Stadthalle arbeiten, in einer Schule oder in einer Kirche. Wo Jesus Christus nicht als der Erste und Höchste anerkannt wird, herrscht das Dunkel. Seitdem haben wir es immer wieder erlebt, dass uns die gleiche Müdigkeit überfiel. In europäischen, in amerikanischen Städten lastete sie auf mir. Doch ich weiß, dass das nichts anderes bedeutet, als dass ich dann an einem Platz bin, wo der Satan herrscht.
Aber lobt den Herrn – ich werde immer überwinden, wenn ich in der Kraft des Blutes des Lammes stehe. Derer, die mit uns sind, sind viel mehr als derer, die gegen uns sind! (2. Könige 6,16)