Mein Freund Franz erzählt in seinem Buch „Von der Finsternis ins Licht“ aus seinem Leben im Dritten Reich.

Unser Lehrer war unverheiratet und hatte deshalb bei uns Familienanschluss. Besonders an den langen Winterabenden war er oft bei uns. Vater und er spielten Schach, und dabei haben die beiden oft politisiert.
Da sie beide Gegner des Regimes waren, hörte ich früh, dass Hitler seine Gegner ins Gefängnis brachte und auch, dass er die Juden in den KZs ermorden ließ.
Als ich – wie alle anderen Jungen – mit acht Jahren in die Hitlerjugend kam, hatte ich neben dem Sport auch politischen Unterricht. Mein Vater fragte mich einmal, was „die uns so erzählen“. Und ich antwortete ihm: „Die sagen, dass die Juden unser Unglück sind und darum beseitigt werden müssen.“ Vater war so erbost darüber, dass wir durch solche Lügen beeinflusst wurden, dass er sagte: „Da gehst du mir nicht mehr hin.“ Ich flehte ihn an: „Vater, das kannst du nicht machen. Die sperren dich ein und mich auch.“ Aber er sagte nur: „Das ist mir egal.“
Ich bin heute noch stolz und dankbar für den Mut meines Vaters, der es in dieser Zeit wagte, dagegen zu sein.
Und es gelang ihm auch wirklich mithilfe eines Attestes unseres Hausarztes, mich vom Dienst in der Hitlerjugend zu befreien. Unser Arzt war auch ein Regimegegner, und da ich damals an Asthma litt, stellte er mir eine Bescheinigung dafür aus, dass ich an den Sportübungen nicht teilnehmen konnte.
Und so wurde ich vom Dienst in der Hitlerjugend befreit. Heute weiß ich, dass Gott schon damals seine Hand über mir gehalten hat und dass er mein Asthma dazu benutzte, um mich vor der Indoktrination durch die Nazis zu bewahren.
Aber einmal brachte ich meinen Vater fast selbst ins Gefängnis. Wir hatten nur noch einen Lehrer, weil der andere zum Militär eingezogen worden war. Aus diesem Grund waren vier Klassen in einem Klassenzimmer. Vor dem Unterrichtsbeginn gab es immer wieder begeisterten und lautstarken Jubel über die Siege Hitlers an allen Fronten. Weil ich zuhause das Gegenteil hörte, stoppte ich die lautstarke Begeisterung, indem ich in die Klasse rief: „Hört doch auf mit eurem Hitler. Der bringt alle Gegner ins Gefängnis und die Juden bringt er in den KZs um. Hitler ist ein Verbrecher!“
Die Mitschüler, – und es waren einige dabei, deren Eltern überzeugte Nazis waren – stürzten sich auf mich und hätten mich am liebsten verprügelt. Keiner stimmte mir zu. Und so sah ich mich ganz alleine mit meiner Meinung. Aber ich wusste, dass mein Vater genauso dachte, und auf ihn berief ich mich: „Mein Vater sagt das auch,“ schrie ich zu meiner Verteidigung.
Als der Lehrer ins Klassenzimmer kam, erzählten ihm die Mitschüler, was ich über Hitler gesagt hatte. Dieser Lehrer ging ja bei uns ein und aus und er war selbst ein Gegner des Regimes. Es gelang ihm, die Lage zu beruhigen, aber nach dem Unterricht ging er sofort zu uns nach Hause und erzählte meinem Vater den Vorfall. „In Zukunft müssen wir etwas vorsichtiger sein bei unseren Gesprächen,“ beschlossen sie.
Das Ganze hatte dann doch noch ein gefährliches Nachspiel: Mein Vater wurde angezeigt. Aber auch da hielt Gott seine Hand über uns: Der Ortsgruppenleiter war ein alter Freund meines Vaters. Er war zwar ein überzeugter Nazi, aber er setzte sich dennoch für seinen ehemaligen Freund ein, und so wurden mein Vater – und ich – vor den Folgen meiner Dummheit bewahrt.
Ist Gott für uns, wer kann gegen uns sein?
Römer 8,31