Brief an Diognet (Zusammenfassung)

Während die «Didache» nach innen gerichtet war, geht es im «Brief an Diognet» um die Außendarstellung des Christentums. Von dem Brief wissen wir weder genau, wer ihn schrieb, noch, an wen er adressiert war. «Diognet» bedeutet «von Gott Geborener», richtete sich vielleicht an eine sehr hochgestellte Persönlichkeit, womöglich den Kaiser Hadrian höchstpersönlich.

Der anonyme Autor nennt sich bescheiden einen «Schüler». Hinter dieser Bezeichnung könnte sich der hochgebildete Leiter der Gemeinde von Athen verbergen, Quadratus, der laut dem Kirchenhistoriker Eusebius um das Jahr 125 tatsächlich eine apologetische Schrift an den Kaiser gerichtet hatte.

Unabhängig von der Frage der Autorenschaft zeigt der Brief, welches Image die damaligen Christen nach außen abgeben wollten. Ihr Markenzeichen ist einerseits ihre äußerliche Unauffälligkeit: «Die Christen unterscheiden sich von anderen Menschen weder dadurch, dass sie in einem bestimmten Land leben, noch durch ihre Sprache oder ihre Sitten.»

Was sie von ihrer Umwelt aber radikal abhebt, ist ihre Lebensausrichtung: «Sie wohnen in ihrer jeweiligen Heimat, aber wie Ausländer. Sie nehmen an allem teil wie Bürger ihrer Stadt und bleiben doch Fremde. Jedes fremde Land ist ihnen Heimat, und jede Heimat ist ihnen fremd. Sie heiraten wie alle anderen. Sie zeugen und gebären Kinder, aber nehmen ihre Verantwortung für sie auch wirklich wahr. Sie teilen alle Dinge des täglichen Lebens, aber nicht das Bett außer mit ihren Ehepartnern. Sie leben in der Welt, passen sich aber der Welt nicht an. Sie leben auf der Erde, sind aber Bürger des Himmels. Sie gehorchen den geltenden Gesetzen und tun oft sogar mehr, als von ihnen verlangt ist. Sie tun allen Gutes und werden doch verfolgt. Man kann ihnen nichts vorwerfen, und sie werden dennoch verurteilt. Sie werden getötet und kommen zu neuem Leben. Sie sind arm und machen viele reich.»

Mit ihrem am Gebot der Gottes- und Nächstenliebe ausgerichteten Verhalten wirkten Christen aber nicht gesellschaftszerstörend, betont der Briefschreiber, sondern wie von Jesus erwünscht als «Salz und Licht»: «Was die Seele für den Leib ist, das sind die Christen für die Welt. Wie die Seele den ganzen Körper belebt, so leben die Christen in allen Städten der Welt.»

Dass hinter ihnen eine göttliche Kraft steht, ergibt sich für den Autor aus einer paradoxen Tatsache, die weder bestritten noch rein menschlich erklärt werden kann: «Man verfolgt sie – und sie werden von Tag zu Tag mehr.»