Josephus über dei Verbannung des Herodes Antipas

Cajus (Caligula) , der nach ihm (Tiberius) zum Kaiser ausgerufen wurde, befreite den Agrippa aus seiner Haft und setzte ihn zum Herrscher über die Tetrarchie des Philippus, der schon verstorben war, und zwar mit dem Titel eines Königs ein. Dieser Umstand nun, dass Agrippa auf solche Weise zu einer Herrschaft gekommen, erweckte wieder die Eifersucht und infolge deren neue anspruchsvolle Wünsche auf Seiten des Tetrarchen Herode s,  der in diesem seinem Trachten nach einer Königskrone ganz besonders von seiner eigenen Frau Herodias vorwärtsgeschoben wurde. Sie schimpfte nämlich immer auf seine Faulheit und hielt ihm vor, dass er nur darum zu keinem höheren Fürstenrang gekommen sei, weil er nicht an den kaiserlichen Hof nach Rom fahren wollte: denn wenn einmal der Kaiser den Agrippa aus dem Privatstande gleich auf einen Königsthron erhoben habe, so wäre doch wohl kein Zweifel gut möglich, dass er den Herodes wenigstens von einem Tetrarchen zum König aufsteigen lassen werde.  Dadurch ließ sich endlich Herodes bestimmen, sich zu Cajus zu begeben. Er wurde aber vom Kaiser zur Strafe für seine Begehrlichkeit nach Spanien verbannt, da ihm Agrippa an den Kaiserhof gefolgt war und ihn bei Cajus auch noch angeschwärzt hatte. Dafür erhielt Agrippa von Cajus die Tetrarchie des Herodes zu seinem bisherigen Gebiete hinzu. Herodes beschloss auch in Spanien, wohin ihn seine Frau begleitete, sein Leben.

Josephus: Jüdischer Krieg, Buch II, Kapitel 9,6

Herodias, die Schwester des Agrippa und Gattin des Herodes, des Tetrarchen von Galiläa und Peräa, beneidete ihren Bruder um seine Macht, weil sie ihn auf einem ansehnlicheren Throne sah als ihren Gatten, und weil er, obwohl er früher hatte fliehen müssen, ohne seine Schulden bezahlen zu können, jetzt in so hohen Ehren und so reichem Glücke zurückgekehrt war. Dieser Wechsel ärgerte und kränkte sie, und besonders wenn sie ihn im königlichen Schmuck unter dem Volke einherfahren sah, konnte sie ihren Neid nicht verbergen, sondern stachelte ihren Gatten an, er solle nach Rom reisen und sich um die gleiche Würde bewerben. Sie vermöge das Leben nicht mehr zu ertragen, erklärte sie, wenn Agrippa, der Sohn des von seinem Vater hingerichteten Aristobulus, der so großen Mangel gelitten habe, dass Fremde ihm seinen täglichen Lebensunterhalt hätten spenden müssen, und der genötigt gewesen sei, aus Furcht vor seinen Gläubigern sich zu Schiffe davonzumachen, mit der Königswürde bekleidet zurückkehre, während Herodes, eines Königs Sohn, dem seine Verwandtschaft den nächsten Anspruch auf den Thron gebe, sich mit dem Leben eines Privatmannes begnüge. »Hast du nun auch, Herodes«, fuhr sie fort, »dir bisher nichts daraus gemacht, unter den Rang deines Vaters herabgedrückt zu sein, so bemühe dich doch wenigstens jetzt um die dir zustehende Würde, und lass nicht einen Menschen sich über dich erheben, der sich nicht geschämt hat, mit deinem Gelde großzutun. Gib doch nicht zu, dass er mit seiner Armut mächtiger dasteht als wir mit unserem Reichtum und Überfluss, und erröte davor, hinter jemand zurücktreten zu müssen, der gestern und vorgestern noch von deiner Barmherzigkeit gelebt hat. Auf, lass uns nach Rom gehen, und sparen wir weder Mühe noch Gold und Silber, weil es gewiss nicht besser ist, Reichtümer aufzuspeichern, als sie auf die Gewinnung eines Königsthrones zu verwenden.« 2. Herodes sträubte sich zwar anfänglich gegen den Plan, weil er Ruhe und Bequemlichkeit liebte, und da er das aufregende Treiben in Rom fürchtete, versuchte er auch seine Gattin eines Besseren zu belehren. Je mehr diese ihn aber widerstreben sah, desto heftiger setzte sie ihm zu und ermunterte ihn, nichts unversucht zu lassen, um König zu werden. Sie ruhte auch nicht, bis Herodes wider seinen Willen zur Nachgiebigkeit gebracht war; konnte er sich doch überhaupt nicht leicht dem entziehen, was sie einmal beschlossen hatte. Er traf also möglichst glänzende Vorbereitungen, ohne irgendwelche Kosten zu scheuen, und schiffte sich dann in Begleitung der Herodias nach Rom ein. Agrippa aber, der von ihrer Absicht und ihren Zurüstungen Wind bekommen hatte, traf auch seinerseits Vorbereitungen, und sobald er ihre Abreise erfuhr, schickte er den Fortunatus, einen seiner Freigelassenen, nach Rom zum Cäsar mit Geschenken und einer gegen Herodes gerichteten Schrift, zu der er gelegentlich das Nähere noch mündlich hinzuzufügen gedachte. Fortunatus folgte dem Herodes auf dem Fuße, und da er glückliche Fahrt hatte, kam er so zeitig nach ihm an, dass er, während Herodes Zutritt zu Gajus erhielt, auch selbst anlangte und seinen Brief überreichen konnte. Beide landeten in Dikaearchia und trafen den Cäsar zu Bajae, einem Städtchen in Campanien, das ungefähr fünf Stadien von Dikaearchia entfernt ist. Hier befinden sich die aufs glänzendste ausgestatteten Sommerwohnungen der Cäsaren, bei deren Einrichtung stets ein Cäsar den anderen an Prachtaufwand zu übertreffen suchte. Der Ort hat warme Quellen, die dem Boden entsprudeln und ebenso wohl der Wiederherstellung der Gesundheit als der Annehmlichkeit des Lebens dienen. Gajus also las zur selben Zeit, da er mit dem zuerst vorgelassenen Herodes sich besprach, die Anklageschrift Agrippas, in welcher Herodes beschuldigt wurde, sich wie früher mit Sejanus gegen Tiberius, so jetzt mit Artabanus gegen Gajus verschworen zu haben. Zum Beweise dieser Beschuldigung wurde angeführt, er bewahre in seinen Zeughäusern eine so große Menge Waffen auf, dass man damit siebzigtausend Mann ausrüsten könne. Über diese Angabe erstaunt, fragte Gajus den Herodes, ob es sich mit den Waffen wirklich so verhalte. Herodes gab zu, dass er die Waffen besitze, da er, wollte er nicht lügen, nicht anders aussagen konnte. Gajus aber glaubte nun auch das für wahr halten zu müssen, was ihm von der Verschwörung berichtet wurde; er nahm daher dem Herodes seine Tetrarchie und vereinigte sie mit dem Reiche Agrippas, den er dazu auch noch mit Geld beschenkte. Den Herodes dagegen verurteilte er zu dauernder Verbannung und wies ihm die Stadt Lugdunum* in Gallien zum Aufenthalt an. Als er nun später erfuhr, Herodias sei Agrippas Schwester, ließ er dieselbe im Besitz des Vermögens, welches ihr gehörte, und da er glaubte, sie werde ihrem Gatten nicht in die Verbannung folgen wollen, unterstellte er sie dem Schutze ihres Bruders. Herodias aber entgegnete ihm darauf: »Du sprichst da zwar ein großes und deines Ranges würdiges Wort, o Cäsar. Dass ich aber von deiner Gnade Gebrauch mache, daran hindert mich die Liebe zu meinem Gatten, den ich billigerweise im Unglück nicht verlassen kann, nachdem ich sein Glück geteilt habe.« Über diese Seelengröße noch mehr erbittert, verbannte Gajus die Herodias mit ihrem Gatten und schenkte ihr Vermögen dem Agrippa. So strafte Gott die Herodias für den Neid gegen ihren Bruder und den Herodes für die Nachgiebigkeit gegen die eitle Rede seines Weibes.

Joseohus, Jüdische Altertümer 18. Buch, 7 Kapitel