Einer trage des anderen Last

Am  28. Januar 1988 wurde in der DDR der Film „Einer trages des anderen Last“ uraufgeführt.

Die Geschichte des Spielfilms von Regisseur Lothar Warneke ist schnell erzählt: Anfang der 50er Jahre treffen sich der linientreue Marxist und Kommissar der Volkspolizei, Joseph Heiliger, und der evangelische Vikar Hubertus Koschenz in einem Lungensanatorium in der DDR.

Auf den ersten Blick haben die beiden Männer nur eine Gemeinsamkeit: Sie sind an Tuberkulose erkrankt. Dennoch müssen sich der Christ und der Sozialist ein Zimmer teilen. Heiliger bringt zunächst ein Bild Stalins über seinem Bett an, Koschenz seinerseits zieht es vor, unter den Augen Jesu Christi zu ruhen. Heiliger liest abends Lenin, Koschenz die Bibel. Der Marxist lädt im Sanatorium zur Parteiversammlung, der Christ zur Bibelstunde. Doch mit der Zeit werden aus den Glaubenskonkurrenten Freunde, die erkennen, dass sie ein großer Teil ihrer Lebensanschauungen verbindet.

Als Koschenz ein neues und seltenes Medikament gegen Tuberkulose aus der Schweiz erhält, spendet er es schließlich Heiliger. Seine Begründung klingt, versetzt man sich in die 80er Jahre der DDR zurück, fast revolutionär: Wenn schon einer sterben müsse, erklärt der Christ, dann solle es doch er selbst sein. Schließlich habe er eine Hoffnung, die über den Tod hinaus trage. Für einen Atheisten hingegen müsse das Sterben doch grauenhaft sein.

Als der Film das erste Mal über die Leinwand flimmert, ist das Ende der DDR bereits eingeläutet. Nur wenige Tage vor der Premiere, am 17. Januar 1988, waren über hundert Bürgerrechtler bei der Liebknecht-Luxemburg-Demonstration festgenommen worden, weil sie mit Plakaten gegen die SED-Diktatur protestiert hatten. Dutzende wurden anschließend in die BRD ausgebürgert. Die Stimmung bei der ersten Vorführung des Films sei entsprechend eisig gewesen, erinnert sich Horst Dohle, ehemaliger Referent des Staatssekretärs für Kirchenfragen der DDR. Er war damals dabei, ebenso wie Vertreter der SED und der Kirchen.

Einer trage des anderen Lasten, und so sollt ihr das Gesetz des Christus erfüllen! 

Galater 6.2