Allgemein
Um 180 n. Chr. ist das Kindheitesevangelium des Thomas entstanden (nicht zu Verwechseln mit dem Thomasevangelium). Dort sind märchenhafte Erzählungen enthalten.
Es ist auch nicht von Thomas geschrieben. Es enthält völlig krude Geschichten.
Der Jesusknabe wird als übermütiges Wunderkind gezeigt. Er ist vergleichbar mit Götterknaben indischer Tradition, denn Parallelen zu Krishna- und Buddhalegenden sind offensichtlich. Es ist nicht die geringste Ähnlichkeit mit dem Geist des NT zu finden, das bei allem immer das Heil der Menschen im Blick hat.
Der Sammler scheint sich bei seinen Auswahlkriterien hauptsächlich an der Auffälligkeit der Geschichten orientiert zu haben. Sie haben wohl um so eher Aufnahme gefunden, je aufsehenerregender und erstaunlicher sie waren. Immerhin aber gibt es eine formale Übereinstimmung mit den neutestamentlichen Wunderberichten. Die Wunder, die Jesus später vollbringen wird, sind augenfällig vorweggenommen. Gleich am Anfang (2,1) spielt Jesus an einer Furt und reinigt das Wasser. […]
Wenn Jesus im NT einen Feigenbaum verdorren lässt (Mk 11,12-14; Mt 21,18-21; Lk 13,6-9), so ist das in symbolisch-lehrhafter Handlung Sinnbild des unfruchtbaren Israel. Im Thomasevangelium lässt der Jesusknabe einen Jungen verdorren, so wie ein Baum verdorrt, er tötet einen Jungen, weil sich diesem an ihm stößt. Die äußerliche Übereinstimmung liegt auf der Hand, doch ist es hier keineswegs eine Symbolhandlung, sondern eine unbeherrschte Reaktion eines gefühllosen Götterknabens. Insoweit ähnelt Jesus den brutalen und empathielosen Götzen seiner Zeit.
Die Beschneidung Jesu
Weiter wird erzählt dass Jesus in einer Höhle beschnitten wurde, die alte Herbräerin (Hannah?) die Vorhaut nahm und in eine Allabasterschachtel gefüllt mit Öl steckte. Sie hatte einen Sohn, der war Alchemist, dem gab sie die Box und wies ihn an, sie nicht zu verkaufen, es sei denn er erhalte eine bestimmte Geldsumme. Dieser mit Öl gefüllte Kiste entleerte Maria die Sünderin über den Kopf von Jesus um ihn zu salben.
Und als acht Tage vollendet waren, als man das Kind beschneiden musste, da wurde ihm der Name Jesus gegeben,
Lukas 2,21
Das Kindheitsevangelium im Koran
Das Evangelium fand Verbreitung insbesondere auch im arabischen Raum, wo die Legenden auch zur Zeit Mohammeds noch lebendig waren und teilweise Eingang in den Koran gefunden haben. Im Koran wird in Sure 5 auf die Geschichte im Kindheitsevangelium Bezug genommen, der zufolge Jesus Spatzen aus Lehm formte und sie zum Leben erweckte. Die Aussagen sind Bestandteil des Glaubens an Jesus im Islam.
–Jesus erwies sich gegenüber den Kindern Israels als Gesandter Allahs: „Ich gebe euch ein Zeichen von eurem Herrn, indem ich aus Lehm etwas schaffe, was Vögeln gleicht. Dann werde ich hineinblasen, und es werden mit Gottes Erlaubnis lebendige Vögel sein …“
Sure 3,48
(Damals) als Gott sagte: Jesus, Sohn der Maria! Gedenke meiner Gnade, die ich dir und deiner Mutter erwiesen habe, […] und (damals) als du mit meiner Erlaubnis aus Lehm etwas schufst, was so aussah wie Vögel, und in sie hineinbliesest, so daß sie mit meiner Erlaubnis (schließlich wirkliche) Vögel waren. […]“
Sure 5, Vers 110