Abraham, arabisch Ibrāhīm gilt im Islam als einer der wichtigsten Propheten und als Begründer des monotheistischen Kults an der Kaaba in Mekka. Er wird in 25 Suren des Korans erwähnt, die 14. Sure ist nach ihm benannt. Der allgemeine Beiname von Abraham ist „Freund Gottes“ (Chalīl Allāh). Er geht auf Sure 4:125 zurück, wo es heißt, dass sich Gott Abraham zum Freund nahm.
In den Suren der mekkanischen Periode wird beschrieben, wie Abraham zum Verkünder des monotheistischen Glaubens wird, gegen den Widerstand seines Vaters Azar, dessen Götzenbilder er zerstört (Sure 6:74; Sure 21:52–58; Sure 37:88–96). Daraufhin wird er von seinem eigenen Volk ins Feuer geworfen, aber auf wunderbare Weise gerettet (Sure 21:68f., siehe dazu Balıklıgöl). Dieses Wunder veranlasst einige der Landsleute, darunter auch Lot (Sure 29:26), sich zum Glauben an Gott zu bekehren. Abraham ist es auch, der Gott darum bat, Mekka zu einem geschützten Ort zu machen, damit seine Nachkommen als künftige Bewohner des an sich unfruchtbaren Gebietes im Schutz des Gottesfriedens ihren Lebensunterhalt finden können (Sure 14:35-41 14. Sure= Ibrahim). Ähnlich wie in der Genesis wird in Sure 37:101-107 berichtet, dass Abraham von Gott einer schweren Prüfung unterzogen wird, indem ihm aufgetragen wird, seinen Sohn zu opfern. Als Abraham die Bereitschaft zu diesem Opfer erkennen lässt, greift Gott ein; Abrahams Sohn wird durch ein Schlachtopfer abgelöst (37:107).
In den Suren der medinischen Periode wird Abraham zum Prototyp der neuen Religionsgemeinschaft. An mehreren Koranstellen aus dieser Zeit findet sich die Aufforderung, der Religion der „Gemeinschaft Abrahams“ zu folgen (vgl. z.B. Sure 2:130; 4:125). Es wird betont, dass Abraham kein Jude, Christ oder Muschrik (jemand der Allah andere Götter zur Seite stellt) war, sondern ein Muslim , der schon lange vor Mohammed erkannte, dass es nur einen einzigen Gott gibt (vgl. Sure 3:67; 95). Mit den auf Abraham bezogenen koranischen Passagen ließ sich auch die Neuausrichtung der Gebetsrichtung weg von Jerusalem nach dem altarabischen Heiligtum in Mekka rechtfertigen. So wird erklärt, dass schon Abraham zusammen mit seinem Sohn Ismael die Grundmauern dieses „Hauses“ aufgerichtet habe (Sure 2:127). Dieses mekkanische Heiligtum wird an zwei Stellen des Korans (2:125; 3:97) als der „Standplatz Abrahams“ bezeichnet. In Sure 22:26f wird Abraham aufgefordert, unter den Menschen zum Haddsch (Wallfahrt) aufzurufen, damit sie von überall her zu Fuß oder auf Kamelen reitend zu ihm kommen
Die Kontroverse um die Opferung des Sohnes Abrahams
Anders als in der Bibel wird der Name des Sohnes, den Abraham opfern will, im Koran nicht genannt. Bis zum frühen 8. Jahrhundert wurde in Anknüpfung an den biblischen Bericht allgemein angenommen, dass es sich um Isaak, den Stammvater der Juden, handelt. Erst ab dieser Zeit setzt sich die Vorstellung durch, dass dieser Sohn Ismael, der Stammvater der Araber, sein muss. Argumentiert wurde unter anderem damit, dass Sure 37 zunächst die intendierte Opferung eines Sohnes von Abraham erwähnt (Vers 101–107) und erst danach die Ankündigung der Geburt Isaaks (Vers 112 f.). Hieraus wurde geschlossen, dass sich der vorausgehende Bericht über die intendierte Sohn-Opferung auf Ismael beziehen muss. Diese Lehre hat sich später auch allgemein im Islam durchgesetzt.