Volk und Sprache der Ägypter

Das Volk

Die Ägypter waren Hamiten, die offensichtlich hauptsächlich von Hams Sohn Mizrajim abstammten (1. Mose 10,6). Als die Menschen von Babel aus zerstreut wurden (1. Mose 11:8, 9), zogen viele Nachkommen Mizrajims, zum Beispiel die Ludim, Anamim, Lehabim, Naphtuchim und die Pathrusim, wahrscheinlich nach Nordafrika (1. Mose 10,6, 13, 14).

Pathros wird mit Oberägypten in Verbindung gebracht, und einiges spricht dafür, die Naphtuchim dem Deltagebiet von Ägypten zuzuordnen.

Daß die Bevölkerung Ägyptens aus verschiedenen Stämmen bestand, zeigt sich auch darin, daß das Land schon sehr früh in zahlreiche Bezirke (später „Nomen“ oder „Gaue“ genannt) aufgeteilt war und daß diese Bezirke auch nach der Reichseinigung unter einem Hauptherrscher, ja bis zum Ende des Reiches als Verwaltungsbezirke bestehenblieben. Es gab 42 anerkannte Gaue, 20 in Unterägypten und 22 in Oberägypten. Wenn die zentrale Regierung schwächer wurde, drohte das Land in diese zwei Hauptteile zu zerfallen oder sich in zahlreiche kleine, aus den verschiedenen Gauen bestehende Königreiche aufzulösen.

Aufgrund ägyptischer Malereien und Mumien werden die frühzeitlichen Ägypter allgemein als klein, schlank und dunkelhäutig, aber nicht als negroid, beschrieben. Die alten Malereien und Statuen weisen jedoch bedeutende Unterschiede auf.

Sprache.

Neuzeitliche Gelehrte neigen dazu, das Ägyptische zu der „semitisch-hamitischen“ (oder „hamito-semitischen“) Sprachgruppe zu rechnen. Obwohl im wesentlichen hamitisch, sollen das Ägyptische und die semitischen Sprachen in ihrer Grammatik vieles gemein haben, und auch im Wortschatz bestehen gewisse Ähnlichkeiten. Trotz dieser anscheinenden Verbindungen wird zugegeben, daß „sich das Ägyptische von allen semitischen Sprachen weit mehr unterscheidet, als sich diese untereinander unterscheiden, und daß es, zumindest bis sein verwandtschaftliches Verhältnis zu den afrikanischen Sprachen genauer bestimmt ist, nicht zu der semitischen Gruppe gerechnet werden darf“

Bevor sich Joseph seinen Brüdern zu erkennen gab, redete er mit ihnen durch einen ägyptischen Dolmetscher (1. Mose 42,23).

Es gibt jedenfalls mehrere Faktoren, die es äußerst schwierig machen, in bezug auf die frühesten Formen der ägyptischen Sprache bestimmte Schlußfolgerungen zu ziehen. Einer dieser Faktoren ist das ägyptische Schriftsystem. Die alten Inschriften bestehen aus Bildzeichen (Darstellungen von Tieren, Pflanzen und anderem) nebst gewissen geometrischen Formen — ein Schriftsystem, das die Griechen Hieroglyphen nannten. Zwar stellten mit der Zeit gewisse Zeichen Silben dar, aber sie wurden nur verwendet, um die Hieroglyphen zu ergänzen, nicht um sie zu ersetzen. Außerdem weiß man heute nicht genau, welche Laute durch diese Silben ausgedrückt wurden.

Eine gewisse Hilfe leisteten die Hinweise auf Ägypten in einigen Keilschriften aus der Mitte des zweiten Jahrtausends v. u. Z. Auch Umschriften ägyptischer Namen und Wörter ins Griechische, die etwa aus dem sechsten Jahrhundert u. Z. stammen, sowie Umschriften ins Aramäische, die ungefähr ein Jahrhundert später entstanden, lassen in etwa erkennen, wie die betreffenden ägyptischen Wörter buchstabiert wurden. Doch die Rekonstruktion des Lautsystems der altägyptischen Sprache beruht immer noch hauptsächlich auf dem Koptischen (eine Form des Ägyptischen), das vom dritten Jahrhundert u. Z. an gesprochen wurde. Die ursprüngliche Struktur des altägyptischen Wortschatzes — besonders aus der Zeit vor dem Aufenthalt der Israeliten in Ägypten — kann also nur annähernd ermittelt werden.

Außerdem weiß man über andere alte hamitische Sprachen Afrikas heute noch so wenig, daß es schwierig ist, das Verhältnis des Ägyptischen zu ihnen zu bestimmen. Es sind keine Inschriften in nichtägyptischen afrikanischen Sprachen aus der Zeit vor Beginn unserer Zeitrechnung bekannt. Die Tatsachen bestätigen den Bibelbericht über die Sprachverwirrung, und es scheint einleuchtend zu sein, daß die Sprache der alten Ägypter, die über Mizrajim von Ham abstammten, nicht zu den semitischen Sprachen gehörte.

Die Hieroglyphenschrift wurde besonders für Inschriften auf Monumenten und Wandgemälden verwandt, wo die Zeichen bis ins kleinste Detail geschrieben wurden. Diese Schrift wurde bis zum Beginn unserer Zeitrechnung vor allem für religiöse Texte gebraucht. Doch schon früh entwickelten die Schreiber, die mit Tinte auf Leder und Papyrus schrieben, eine weniger beschwerliche Schrift, bei der sie einfachere, kursive Zeichen verwandten. Sie wurde hieratische Schrift genannt und war der Vorläufer der demotischen Schrift, einer noch kursiveren Schriftart, die unter der sogenannten 26. Dynastie (7. und 6. Jahrhundert v. u. Z.) aufkam. Die endgültige Entzifferung ägyptischer Texte war erst nach der Entdeckung des Steins von Rosette im Jahre 1799 möglich. Die Inschrift auf diesem Stein, der sich jetzt im Britischen Museum befindet, enthält einen Beschluß zu Ehren Ptolemäus’ V. (Epiphanes) aus dem Jahr 196 v. u. Z. Sie ist in ägyptischen Hieroglyphen, in demotischer Schrift und in Griechisch abgefaßt, und der griechische Text lieferte den Schlüssel zur Entzifferung des ägyptischen Textes.