Nach Alexandria flüchteten wahrscheinlich auch Josef und Maria mit dem frisch geborenen Jesus auf der Flucht vor Herodes. Hier lebten sehr viele Juden, darunter auch viele, die sich auf der Flucht vor Herodes ins Ausland abgesetzt hatten. In Alexandria gab es mehrere jüdische Viertel, in denen man unterkommen konnte und in denen es Arbeit für den Zimmermann Josef gab. Als äußerst nützlich könnten sich die Geschenke aus dem Morgenland erwiesen haben. Mit dem Gold konnten die Eheleute vorübergehend ihr Überleben sichern.
Ägypten war seit dem Tod von Cleopatra kein eigener Staat mehr. Nicht nur wegen seiner Bibliothek galt Alexandria als Weltkulturhauptstadt. Auch die jüdische Kultur bekam entscheidende Impulse aus Alexandria. In Alexandria waren die ersten Synagogen entstanden: als Orte, an denen Juden auch weit entfernt vom Tempel Gott anbeten und gemeinsam aus den Heiligen Schriften lernen konnten. Diese Synagogen-Versammlungen waren die Vorläufer unserer modernen Gottesdienste und Bibelstunden. Hier wurde nicht nur rezitiert, hier wurde auch diskutiert. Das Geld für diese Versammlungsräume, von denen eine Synagoge besonders prachtvoll gestaltet war, kam von den reichen Juden.
Vermutlich haben sich die Wege von Philo und der Heiligen Familie nie gekreuzt, dennoch ist alleine der Gedanke aufregend, dass sie zumindest ein paar Monate lang nahe beieinander gelebt haben könnten: der Philosoph, der in dem griechischen Begriff «Logos» eine Beschreibung Gottes sah, und der fleischgewordene Logos Jesus.
Markus Spieker, Jesus eine Weltgeschichte S. 195, gekürzt).